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Mittwoch, 11. September 2019

Ich mach ein Lied aus Licht



Die Überschrift ist bei Eva Strittmatter geklaut,
aber sie paszt so wunderbar zum Monatsthema der Zitronenfalterin




Vor einem Winter

Ich mach ein Lied aus Stille
und aus Septemberlicht.
Das Schweigen einer Grille
geht ein in mein Gedicht.

Der See und die Libelle.
Das Vogelbeerenrot.
Die Arbeit einer Quelle.
Der Herbstgeruch von Brot.

Der Bäume Tod und Träne.
Der schwarze Rabenschrei.
Der Orgelflug der Schwäne.
Was es auch immer sei,

Das über uns die Räume
Aufreißt und riesig macht
Und fällt in unsre Träume
in einer finstren Nacht.

Ich mach ein Lied aus Stille.
Ich mach ein Lied aus Licht.
So geh ich in den Winter.
Und so vergeh ich nicht.

aus: Eva Strittmatter: Sämtliche Gedichte.
© Aufbau Verlagsgruppe GmbH, Berlin 2006

*

Vorgestern hatte es endlich geregnet - nicht viel,
aber immerhin - und da ich gestern einen
von allen Pflichten freien Tag hatte,
konnte ich schon frühmorgens hinausgehen
um ein wenig Septemberlicht einzufangen.




Ich besuchte "meine" Kastanie -
einen Baum, den ich seit Kindheit kenne
und der immer noch grünt, trotz Trockenheit.
Aber er steht ja auch an einem kleinen Teich.



Wie oft habe ich hier Kastanien gesammelt
 und möglichst viele aus dem Wasser gerettet!











Schnell ein paar Brillianten eingesammelt
feuchte Wiesen sind so wertvoll...








Dann gehe ich weiter.
Der zarte Schleier zwischen den Stämmen
der Buchen im Wald läszt sich nicht fotografieren.
Auch das ist Septmember: nur in der Seele
zu konservieren!



Auffallend ist, dasz die Buchen jetzt
jedes Jahr voller Eckerchen sind.
Früher haben sie nur aller vier Jahre gefruchtet...
Auch das ein Zeichen ihrer Ahnung des Endes
- wie es so viele gibt!



Die Fichten im Harz sind fast alle tot,
die Buchen sterben auch. Langsam.
Unsere Stadtverwaltung suchte jetzt per Presseaufruf
nach einem groszen Nadelbaum aus einem privaten Garten
als Weihnachtsbaum vorm Rathaus,
denn der Stadtwalt bietet nun keine grünen Fichten mehr.
Das nur nebenbei. Es ist erschreckend!




Die meisten Baumfreunde meiner Kindheit
und Jugend habe ich längst sterben sehn.
Was eigentlich normal ist,
jedoch nicht die heutige Schnelligkeit.



Andere wiederum sah ich aufwachensen:
diese Baumreihe gab es damals noch nicht:


Und weiter gehe ich.


Die Eichen sehen noch am besten aus.



Aber ich will hier keinen Waldschadensbericht schreiben,
sondern mich an dem erfreuen, was noch wächst und blüht
an meinem Wege...


... und Samen reift für ein Neues.
Nasse Wiesen im September habe ich immer geliebt.



Und das Licht.
Dieses fast-noch-Sommer und doch-schon-Herbst,
diese Strahlen...






Und nun bin ich wieder
in der Zivilisation angekommen
und die Sonne reflektiert sich in Autoscheiben.



Schön war es da drauszen
und ich nehme mir wieder einmal vor,
mir öfter solche Auszeiten zu gönnen.
Denn wie sagte Eva Strittmatter in einem anderen Gedicht:

"... und eines Jahres septembert es ohne mich" - - -


Da ich hier viel von Bäumen erzählt habe,
geht dieser Beitrag auch noch zu Astrids "Mein Freund der Baum"
und ein spätes Sommerglück war dieser Spaziergang 
ja irgendwie auch noch -